„Ich bremse auch für Tiere.“Was passiert eigentlich, wenn man sich an diesen beliebten Aufkleberspruch hält und tatsächlich voll in die Eisen steigt, weil sich gerade eine Kröte anschickt, die Straße zu überqueren? Wer ist verantwortlich, wenn man auf diese Weise einen Auffahrunfall provoziert?
Das Recht kennt hier keine Gnade – weder mit einigen Tierarten noch mit den Tierfreunden hinter dem Steuer. Je kleiner das Tier ist, desto eher muss der Fahrer drauf halten und es überfahren. So dürfen Autofahrer zum Beispiel wegen einer Katze nicht bremsen, falls sie damit nachfolgende Autofahrer gefährden – so das Amtsgericht Ratingen.
Läuft dagegen ein an der Leine geführter Hund vors Auto, sei die Vollbremsung erlaubt: hier bestehe schließlich auch die Gefahr, Herrchen oder Frauchen am Ende der Leine gleich mit zu erwischen.
Bremsen für eine Taube wiederum ist tabu: Im konkreten Fall war eine Frau an der Kreuzung angefahren und hatte gleich wieder abgebremst, weil eine Taube vor dem Auto landete. Der nachfolgende Wagen fuhr ihr ins Heck. „Wer auffährt schuld“, hatte die Tierfreundin irgendwo gelesen und forderte daher Ersatz von der Auffahrenden. Das Gericht bestätigte zwar diesen Grundsatz und entschied, dass die auffahrende 75 % des Schadens zu tragen habe. 25 % legte es aber der Spontanbremserin auf. Denn auch der Grundsatz von der Schuld des Auffahrenden gilt, wie der Name schon sagt, nur im Grundsatz, und eine Taube stellt nach Ansicht des Gerichts keinen zwingenden Grund zum Bremsen dar.
Diese klare Linie bestätigt auch der Bundesgerichtshof. Ein Autofahrer hatte einen Fuchs auf der Fahrbahn gesichtet und sich dafür entschieden, diesem auszuweichen. Mit fatalen Folgen: Das Auto wurde beim daraus resultierenden Unfall stark beschädigt. In solchen Fällen verlangt der Bundesgerichtshof vom Fahrer schier übermenschliche Kräfte. Laufe ein Tier über die Straße, müsse der Fahrer abwägen, ob der mögliche Schaden an seinem Wagen durch einen Unfall größer sein könnte als der Schaden, der entstünde, wenn er ausweichend und dabei von der Straße abgekommen würde. Der Mensch muss in diesem Fall nach Meinung der Gerichte also in Sekundenbruchteilen eine physikalische Berechnung möglicher Unfallszenarien vornehmen und diese abwägend auswerten. Die Entscheidung, für den Fuchs auszuweichen und dabei das Auto zu beschädigen, kam den Fahrer jedenfalls teuer zu stehen. Der Bundesgerichtshof verneinte eine Ersatzpflicht der Versicherung.
Fazit: Große Tiere: Anhalten! Kleine Tiere: Draufhalten!