Oberlandesgericht Hamm, Az: 4 Ws 242/04, Beschluss vom 25.06.2004
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
Die dem Beschwerdeführer entstandenen notwendigen Auslagen werden der Landeskasse auferlegt.
G r ü n d e :
I.
Gegen den Angeklagten ist bei dem Amtsgericht Lippstadt ein Strafverfahren wegen falscher Verdächtigung anhängig. In diesem Verfahren fand am 1. April 2004 die Hauptverhandlung statt. In dieser erließ das Amtsgericht gegen den Angeklagten einen Ordnungsgeldbeschluss und verhängte gegen ihn ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,- €, ersatzweise vier Tage Haft, weil der Angeklagte angetrunken zum Termin erschienen sei. In dem Hauptverhandlungsprotokoll ist hierzu Folgendes festgehalten:
„Mit dem Erscheinen des Angeklagten machte sich massiver Alkoholgeruch breit, der sich besonders verstärkte, als der Angeklagte sprach. Außer den Gerichtspersonen und der Staatsanwältin war sonst niemand außer dem Angeklagten im Raum.
Auf den Vorhalt, ob er angetrunken sei, verneinte der Angeklagte und behauptete, nüchtern zu sein.
Auf die Frage des Vorsitzenden nach dem letzten Alkoholgenuss, antwortete der Angeklagte: Heute Nacht um 01.00 Uhr.“
Mit seiner am 1. April 2004 beim Amtsgericht eingegangenen Beschwerde wendet sich der Angeklagte gegen diesen Ordnungsgeldbeschluss.
Die Generalstaatsanwaltschaft beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
II.
Das zulässige Rechtsmittel hat Erfolg, da ein ungebührliches Verhalten des Angeklagten i.S.v. § 178 GVG nicht festzustellen ist.
Gemäß § 178 Abs. 1 GVG kann gegen einen Angeklagten, der sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig macht, ein Ordnungsgeld bis zu 1.000,- € oder Ordnungshaft bis zu einer Woche festgesetzt werden. Ungebühr ist dabei ein erheblicher Angriff auf die Ordnung in der Sitzung, deren justizgemäßen Ablauf, auf den Gerichtsfrieden und damit auf die Ehre und Würde des Gerichts (Meyer-Goßner, StPO, 47. Aufl., § 178 GVG Rdnr. 2). Ein ungebührliches Verhalten wird überwiegend dann angenommen, wenn eine in § 178 Abs. 1 GVG genannte Person in angetrunkenem Zustand in einer Sitzung erscheint (OLG Düsseldorf NJW 1989, 241; Meyer-Goßner, StPO, § 178 GVG Rdnr. 3; a.A. OLG Stuttgart, MDR 1989, 763). Ein solches Verhalten kann nach Auffassung des Senats jedoch nur dann als ungebührlich eingestuft werden, wenn es sich nicht nur um eine unerhebliche Angetrunkenheit handelt und zudem das Ausmaß der Trunkenheit festgestellt worden ist. Diesen Anforderungen wird die angefochtene Entscheidung nicht gerecht. Aus dem Hauptverhandlungsprotokoll ergibt sich lediglich, dass der Angeklagte einen Alkoholgeruch ausströmte, nicht jedoch, dass sonstige Anzeichen einer Trunkenheit vorhanden waren. Den Angaben des Angeklagten zufolge lag sein letzter Alkoholkonsum etwa acht Stunden zurück. Da das Amtsgericht keine weiteren Ermittlungen zur Aufklärung des Sachverhalts vorgenommen hat, lässt sich weder der Grad der Trunkenheit des Angeklagten noch der Zeitpunkt des letzten Alkoholkonsums des Angeklagten sicher feststellen. Mithin kann ein ungebührliches Verhalten des Angeklagten vor Gericht nicht angenommen werden.
Da der angefochtene Beschluss bereits aus dem vorgenannten Grund aufzuheben ist, bedarf es keiner Überprüfung, ob dem Angeklagten hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist und ob der Beschluss eine tragfähige und überprüfbare Begründung enthält.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 467 StPO.