Schadensmanagement der Versicherungen – Diese Ansprüche sind Ihr gutes Recht:
von Rechtsanwalt Dr. Christian Kotz
I. Allgemein – direkt nach dem Verkehrsunfall:
Ein Verkehrsunfall in Siegen und Umgebung ist immer eine sehr ärgerliche Angelegenheit, egal ob Sie diesen selbst verschuldet haben oder ein anderer Verkehrsteilnehmer Ihr Fahrzeug beschädigt hat.
Nach einem Verkehrsunfall sollten Sie am Unfallort die Ruhe bewahren. Sie müssen auf jeden Fall an der Unfallstelle verbleiben und den übrigen Unfallbeteiligten Ihren vollständigen Namen samt Anschrift, Ihr KFZ-Kennzeichen, die Daten Ihrer Haftpflichtversicherung (soweit Sie dies können) und den Halter des Fahrzeugs nennen, falls dieses auf eine andere Person angemeldet ist. Verlassen Sie den Unfallort nicht einfach, ohne die zuvor genannten Daten bei den Unfallbeteiligten zu hinterlassen. Dies würde ein unerlaubtes entfernen vom Unfallort darstellen und wäre nach § 142 StGB strafbar (dies wird mit Geldstrafe und Fahrverbot geahndet).
Ferner sollten Sie Beweise sichern. Machen Sie Fotos mit Ihrem Handy von den Beschädigungen des gegnerischen Fahrzeugs, der Splitterfelder. Sofern Sie Kreide im Fahrzeug haben, markieren Sie die Fahrzeugstellungen nach dem Unfall. Weiterhin sollten Sie sich die Namen und Anschriften von Zeugen notieren.
Sie sollten nach jedem Unfall zu Beweissicherungszwecken die Polizei zum Unfallort rufen. In der Praxis kommt es häufig auch bei eindeutigen Verkehrsunfällen später zum Streit über den Unfallhergang und die Unfallverursachung. Seien Sie vorsichtig mit Ihren Äußerungen gegenüber den aufnehmenden Polizeibeamten, wenn ein Verschulden Ihrerseits am Verkehrsunfall in Frage kommt und Sie nach dem Unfall noch unter Schock stehen. In diesen Fällen ist es ratsam keine Äußerungen über den Unfallhergang zu tätigen. Sie sind nicht verpflichtet, sich zum Unfallhergang gegenüber der Polizei am Unfallort einzulassen! Sie können den Unfallhergang aus Ihrer Sicht auch noch zuhause in Ruhe schriftlich verfassen und nachreichen. Voreilige Schuldeingeständnisse oder unbedachte Äußerungen vor den aufnehmenden Polizeibeamten erschwert die spätere Durchsetzung Ihrer berechtigten Schadensersatzansprüche.
In der Regel ist es ratsam zur Schadensregulierung mit der gegnerischen Versicherung einen Rechtsanwalt einzuschalten. Seien Sie bei allzu „netten“ Versicherungen vorsichtig. Die gegnerische Versicherung hat kein Geld zu verschenken. Vorallem bei Verkehrsunfällen mit Personenschäden (HWS-Distorsion, BWS-Distorsion, Prellungen etc.) sollten Sie einen Rechtsanwalt mit der Durchsetzung Ihrer Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche beauftragen. Die diesbezüglich entstehenden Kosten hat grundsätzlich die gegnerische Haftpflichtversicherung bzw. der Schädiger zu tragen. Dieanfallenden Rechtsanwaltsgebühren die die gegnerische Haftpflichtversicherung trägt, richtet sich nach dem Betrag, den diese reguliert hat.
Wenn Sie den Verkehrsunfall verursacht haben, müssen Sie den Verkehrsunfall unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von einer Woche Ihrer Kfz-Haftpflichtversicherung melden.
Je nach Verkehrsunfall, müssen Sie zudem Ihre Kaskoversicherung, Ihre Rechtsschutzversicherung, Ihre Schutzbrief-Versicherung, Ihre private Unfallversicherung oder Lebensversicherung, Ihre private Krankenversicherung, Ihre gesetzliche Rentenversicherung oder Unfallversicherung hierüber informieren. Bei einem sog. „Wegeunfall“, bei Fahrten zur Arbeitsstelle oder von der Arbeitsstelle nach Hause, müssen Sie Ihren Arbeitgeber und die jeweilige Berufsgenossenschaft über den Verkehrsunfall informieren.
II. Schadensregulierung:
Die Versicherungen versuchen bei der Schadensregulierung im Bereich derVerkehrsunfälle bundesweit (nicht nur in Siegen) an allen „Ecken und Enden“ zusparen, da sie in den letzten Jahren mehrere Milliarden Euro Verlust im Bereich Verkehrsschäden „erwirtschaftet“ haben. Unter dem Begriff „Schadensmanagement“ sollen jetzt die Regulierungskosten für einen jeweiligen Versicherungsfall eingedämmt werden. So soll vor allem im Bereich der Anwaltsgebühren, Sachverständigen- , Abschlepp-, Werkstätten- und Mietwagenkosten eingespart werden.
Als Geschädigter hat man nach § 249 Abs. 1 S.1 BGB einen Anspruch auf Schadensersatz durch „Naturalrestitution“. Das heißt, der Schädiger (beim Verkehrsunfall ist der Schädiger Gesamtschuldner mit seiner Versicherung – beide haften für den Ersatz des entstandenen Schadens) hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Anders ausgedrückt: „Der Geschädigte ist so zu stellen, als hätte das schädigende Ereignis (hier der Verkehrsunfall) nicht stattgefunden“.Nach § 249 Abs. 2 S.1 BGB kann der Geschädigte bei Sach- und Personenschäden statt sog. „Naturalrestitution“Schadensersatz in Geld verlangen. Nach § 249 Abs. 2 S. 2 BGB in der seit dem01.08.2002 geltenden Fassung bekommt der Geschädigte die Umsatzsteuer nur noch dann ersetzt, wenn diese auch angefallen ist.
In der Praxis versuchen die Versicherungen mit immer neuen „Geschichten“, die Geschädigten einzuschüchtern um diese um ihre berechtigten Ansprüche zu bringen.Sie haben selbstverständlich das Recht, Ihr Fahrzeug in der Marken- oder Fachwerkstatt Ihres Vertrauens reparieren zu lassen. Sie können Ihr Fahrzeug natürlich auch unrepariert lassen oder selbst reparieren. Den von der gegnerischen Versicherung erhaltenen Geldbetrag können Sie nach Ihrem Belieben verwenden, ohne dass sich hierdurch der Umfang Ihres Schadensersatzanspruchs verändert.
Nach einem Verkehrsunfall sollten Sie den Fahrzeugschaden von einem unabhängigen Kfz-Sachverständigen taxieren lassen. Die diesbezüglich anfallenden Sachverständigenkosten muss der Schädiger bzw. die gegnerische Haftpflichtversicherung tragen, solange kein Bagatellschaden vorliegt. Liegt ein sog. „Bagatellschaden“ vor, d.h. der entstandene Sachschaden an Ihrem Fahrzeug liegt zwischen 500,00 € – 700,00 € (die genaue Grenze ist umstritten), sollten Sie einen Kostenvoranschlag (von einer Fachwerkstatt bzw. von einem Kfz-Sachverständigen) erstellen lassen. Von der Taxierung des Schadens durch einen Sachverständigen der gegnerischen Versicherung sollten Sie Abstand nehmen, da diese Schadensgutachten in der Regel geringer ausfallen, als die Schadensgutachten eines unabhängigen Kfz-Sachverständigen.
Sie bekommen vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung im Rahmen der Schadensregulierung u.a. den im Gutachten festgestellten Schadensbetrag ersetzt.