Ich bekam neulich eine Anfrage per e-Mail, welche in etwa wie folgt lautete:
„Sehr geehrter Herr Rechtsanwalt,
mir wurde gekündigt. Wie viel Abfindung steht mir zu?“
Seit Jahrzehnten werden Rechtsanwälte und bestimmt auch mein geschätzter Kollege als Fachanwalt für Arbeitsrecht mit diesem klassischen Mandanten-Missverständnis konfrontiert.
Immer wieder müssen Anwälte gekündigten Arbeitnehmern erklären, dass sie grundsätzlich gar kein Geld verlangen können, wenn sie entlassen werden.
2004 wurde das Kündigungsschutzrecht reformiert. Der Gesetzgeber mag sich dabei ursprünglich einmal gedacht haben: „Wenn sowieso alle glauben, dass es einen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt, dann können wir ihn auch gleich einführen.“ Es wurde also ein erster Gesetzesentwurf erarbeitet, nach dem alle Arbeitnehmer, die aus betrieblichen Gründen gekündigt werden, künftig tatsächlich einen einklagbaren Anspruch auf Abfindung bekommen sollten. Beschlossen wurde jedoch etwas ganz anderes.
Heute gibt es zwar ein Abfindungsanspruch nach § 1a KSchG. Er gilt jedoch erstens nur bei betriebsbedingten Kündigungen und zweitens nur, wenn der Arbeitgeber in der Kündigung ausdrücklich darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer eine Abfindung beanspruchen kann, wenn er die Frist für die Einreichung einer Kündigungsschutzklage verstreichen lässt. Diese Frist endet drei Wochen, nachdem die Kündigung dem Arbeitnehmer zugegangen ist. Weist der Arbeitgeber nicht auf dieses recht hin, dann besteht es auch nicht. Zudem muss der Arbeitnehmer das Angebot des Arbeitgebers nach § 1a KSchG auch noch annehmen.
Wenn der Arbeitnehmer nach alledem doch einmal Anspruch auf eine Abfindung hat, dann beträgt sie übrigens in Siegen ein 1/4 bis ein 1/3 Monatsverdienstes für jedes Jahr des Bestehens des Arbeitsverhältnisses. Woanders gibt´s da schon mehr!
„Abgebrochene“ Jahre sind ab sechs Monaten Dauer auf ein volles Jahr aufzurunden.
Fazit: Einen allgemeinen gesetzlichen Abfindungsanspruch gibt es nicht.