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Detektivkosten: Erstattungsfähigkeit im Unfallprozess

LG Bremen, Az.: 1 T 417/15, Beschluss vom 16.11.2015

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) hin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Bremerhaven vom 15.04.2015 — 52 C 1707/12 dahin abgeändert, dass die von dem Kläger an die Beklagte zu 2) nach dem vorläufig vollstreckbaren Urteil des Amtsgerichts Bremerhaven vom 05.03.2019 zu erstattenden Kosten auf 586,08 EUR zzgl. weiterer 368,90 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 26.03.2014 festgesetzt werden.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden dem Kläger auferlegt. Der Gegenstandswert für das Beschwerdeverfahren beträgt 368,90 EUR. Gründe:

Gründe:

Das Beschwerdeverfahren fällt nach dem richterlichen Geschäftsverteilungsplan des Landgerichts Bremen in die Zuständigkeit der 1. Zivilkammer des Landgerichts.

Über die sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts ist gemäß § 568 Abs. 1 S. 1 ZPO nicht in Kammerbesetzung, sondern durch den Einzelrichter der Kammer zu entscheiden, wobei sich dessen Zuständigkeit aus der kammerinternen Geschäftsverteilung ergibt.

Der Einzelrichter kann das Beschwerdeverfahren auf die Kammer übertragen. Die Voraussetzungen für eine Übertragung des Beschwerdeverfahrens auf die Kammer (§ 568 Abs. 1 S. 2 ZPO) liegen hier jedoch nicht vor, da die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und die Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung hat.

Der angefochtene Beschluss ist der Beklagten zu 2) am 27.04.2015 zugestellt worden. Die dagegen erhobene Beschwerde ist per Fax am 11.05.2015 beim Amtsgericht Bremerhaven eingegangen. Sie ist damit rechtzeitig erhoben und auch im Übrigen zulässig, weil der Beschwerdewert des § 567 Abs. 2 ZPO erreicht ist.

Detektivkosten sind jedenfalls dann erstattungsfähig, soweit die Ermittlungen in den Prozess eingeführt werden, die Erkenntnisse als Beweismittel im Rechtsstreit verwertet werden dürfen und für das Prozessergebnis ursächlich waren, was zu vermuten ist, wenn die Ermittlungen den Prozessausgang beeinflusst haben, Ferner müssen Sie (auch im Umfang) geboten gewesen und angemessen sein in Bezug auf die Bedeutung des Rechtsstreits und der Beweisfrage. Auch vorprozessuale Kosten sind erstattungsfähig, wenn sie in unmittelbarem Zusammenhang mit einem bestimmten Rechtsstreit stehen, z.B. bei Verdacht eines vorgetäuschten Verkehrsunfalls (Thomas/Putzo, ZPO, 36. Auflage, Rn. 57 zu § 91 ZPO).

Das Amtsgericht Bremerhaven hat die Abweisung der Klage damit begründet, dass die Unfallschilderungen des Klägers und des Beklagten zu 1) unplausibel seien. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass der Kläger in der Mitte der Kreuzung angehalten und gestanden haben wolle, als es zu dem Zusammenstoß gekommen sei. Es sei unglaubwürdig, wenn der Beklagte zu 1) behaupte, in die Unfallkreuzung eingefahren zu sein, ohne auf den Querverkehr zu achten, obwohl ihm die Vorfahrtsregelung „rechts vor links“ bekannt sei. Der Beklagte zu 1) habe auch die örtlichen Verhältnisse gekannt, Dazu komme, dass die Parteien sich bereits vor dem Unfall gekannt hätten, nämlich zumindest aus einer Diskothek, wie sich aus den Erklärungen des Klägers und des Beklagten zu 1) in der mündlichen Verhandlung ergeben habe. Darüber hinaus verweist das Amtsgericht Bremerhaven in dem Urteil auch auf ein Schreiben des Beklagten zu 1) an die Beklagte zu 2), in dem dieser (nach Auffassung des Amtsgerichts unwahr) angegeben hatte, den Kläger nicht zu kennen. Hinzu komme, dass es sich bei den am Unfall beteiligten Fahrzeugen um typische Modelle handele, wie sie bei einem manipulierten Unfall eingesetzt würden.

Wie die Beklagte zu 2) zutreffend vorträgt, ist die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der Kosten für Ermittlungsaufträge daran auszurichten, ob eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die kostenauslösende Maßnahme ex ante — aus damaliger Sicht – als sachdienlich ansehen durfte. Vor dem Hintergrund der Ausführungen des Amtsgerichts Bremerhaven in denn Urteil darf davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 2) bereits ex ante die Beauftragung eines Detektivs als Mittel einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung ansehen durfte, weil bereits der bloße Geschehensablauf des eigentlichen Unfalls Fragen nach der Glaubwürdigkeit der Unfallbeteiligten aufwirft, wie sie sich typischerweise bei einem nur vorgetäuschten Unfall aufdrängen. Die Beklagte zu 2) hat die aus der Beauftragung des Detektivs gewonnenen Erkenntnisse auch in das Verfahren eingeführt, indem sie mit dem Schriftsatz vom 08.05.2013 vorgetragen hatte, eine falsche Auskunft des Beklagten zu 1) hätte sie veranlasst, das Ermittlungsbüro B. einzuschalten. Bei dessen Internetrecherchen habe mit einem dem Schriftsatz beigefügten Ausdruck aus der Facebook-Seite des Klägers festgestellt werden können, dass zwischen diesen beiden Parteien ein wohl gutes Vertrauensverhältnis – also anders als vom Beklagten zu 1) angegeben – bestanden habe. Des Weiteren hat die Beklagte zu 2) auf Auskünfte verwiesen, die die von ihr eingeschaltete Ermittlerin in 2 Telefonaten mit dem von Klägerseite benannten Zeugen erhalten habe. Demnach kann zum einen kein vernünftiger Zweifel daran bestehen, dass die Beauftragung der Detektei aus der Sicht der Klägerin im Sinne einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung vernünftig war. Im Hinblick auf die mit der Klage geltend gemachten Schadensersatzansprüche war auch der mit der Beauftragung der Detektei zu erwartende finanzielle Aufwand vertretbar. Die Erkenntnisse sind auch in das Verfahren und in die Entscheidung des Gerichts eingeflossen. Es darf davon ausgegangen werden, dass das Amtsgericht Bremerhaven den Vortrag der Beklagten zu 2 ) zum Anlass genommen hatte, Fragen nach der Bekanntschaft zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1) zu stellen. Zudem ergibt sich aus dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 20.11.2013, dass dem Beklagten zu 2) auch die durch die Detektei beschafften Ausdrucke aus Facebook vorgehalten wurden,

Die Kosten sind durch die eingereichte Rechnung gem. § 104 Abs. 2 S. 1 ZPO ausreichend glaubhaft gemacht. Tatsachenangaben müssen, soweit sie bestritten sind, mindestens gemäß § 294 ZPO glaubhaft gemacht werden, so dass die tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Kostentatbestands mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen. Der Antragsgegner kann seinerseits gegenteilige Tatsachen glaubhaft machen (Thomas/Putzo, ZPO, Rn. 3 zu § 104 ZPO). Die Beklagte zu 2) hat hier eine an sie gerichtete Rechnung des Ermittlungsbüros über den geltend gemachten Betrag vorgelegt, wonach eine Telefonrecherche und eine Internetrecherche durchgeführt wurden. Die Angaben erscheinen nachvollziehbar, zumal die geltend gemachten Kosten sich in einem angemessenen Bereich bewegen.

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten zu 2) hin ist der Kostenfestsetzungsbeschluss demzufolge entsprechend abzuändern.

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